von Simone Kuhnt
Fürstenzell. Romina Fischer (10) ließ sich beim Gravieren ihres Trinkglases von den Namen ihrer Familienmitglieder und besten Freundinnen inspirieren. Alexander Auer (11) hatte für sein Bild aus geschmolzenen Flachglasstücken Eisblöcke, Gras, Wasser und ein Haus vor dem inneren Auge. Und Waldemar Kukharchuk (11) sagt über sein abstraktes Glaskunstwerk: „Ich wollte irgendwas machen, und dann ist es einfach so rausgekommen.“ Das waren nur drei von vielen kreativen Herangehensweisen bei den Kunst-Workshops, die die Heimvolksschule Fürstenzell kürzlich für ihre zwei fünften Klassen angeboten hat.
Je einen ganzen Vormittag lang leitete die ortsansässige Glaskünstlerin Barbara Zehner die Buben und Mädchen in der Glasgestaltung an. Drei Techniken lernten die Schüler und ihre Klassenlehrerinnen hintereinander kennen: Fusing (Verschmelzen), Gravur auf Hohlglas sowie Spiegelgestaltung. Fünf Stunden lang haben die Kinder – mit Schutzbrillen auf den Nasen – getüftelt, gebrochen, geschliffen, geritzt, graviert und geklebt. Manche zunächst leicht verunsichert, andere, als hätten sie ihr Leben nichts anderes gemacht.
Barbara Zehner, die seit 30 Jahren mit Glas arbeitet und seit mehr als 20 Jahren Workshops hält, vermittelte zunächst die handwerkliche Technik und den sicheren Umgang mit Werkzeug und Material. In die individuelle Gestaltung der bunten Werkstücke wollte sie sich aber nicht einmischen, nur beratend stand sie zur Seite. „Die Kinder lernen den Werkstoff Glas kennen und dürfen dann selbst Ideen entwickeln und umsetzen. Am Ende müssen sie zusammen helfen, damit alle Werke fertig werden, das ist gut für den Teamgeist“, erklärt die Glaskünstlerin. Mit der gesellschaftlichen Diskussion über Nachhaltigkeit und Mehrweg-Gefäßen komme Glas derzeit wieder in Mode.
Den Workshop mit der „Glasbotschafterin“ initiiert hatte Konrektor Max Lehner. Er ist selbst Künstler und legt Wert darauf, die Kinder in ihrem kreativen Ausdruck zu fördern. Gerne arbeitet er mit externen Künstlern zusammen. Vorausgesetzt, die Schulfinanzen lassen das zu. Bei den aktuellen Workshops mit Barbara Zehner hat er Glück: Sie laufen unter dem Förderprojekt „Zukunft Glasgestaltung“, welches das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung für Niederbayern und die Oberpfalz aufgelegt hat. Bis zum Jahr 2022 können sowohl staatliche als auch private Schulen für Schüler ab der fünften Klasse kostenlose Glasworkshops buchen, und zwar bei der ARBERLAND REGio GmbH in Regen. Ziel ist der Initiative ist es, den Werkstoff Glas in die Schulen zu bringen und Interesse für Glasberufe zu wecken. Auf dem Programm stehen zudem Lehrerfortbildungen für Glasgestaltung. „Damit wollen wir das immaterielle Kulturgut Glasgestaltung für künftige Generationen erhalten. Glasmacher werden von den Betrieben zur Zeit händeringend gesucht“, weiß Tobias Wittenzellner vom der ARBERLAND REGio GmbH (Regionalmanagement Landkreis Regen). Wittenzellner steht in engem Austausch mit dem Glasmuseum Frauenau und der Glasfachschule Zwiesel, den beiden Partnern des Förderprojekts. Der Bayerische und Oberpfälzer Wald gelten als traditionsreiche Glasregion. Sie sind nicht nur Standorte für Industriebetriebe für Kristallglas und technisches Glas. Sie beheimaten auch die letzten Handglashütten und viele Glasateliers.
Die Lehrerinnen an der Heimvolksschule Fürstenzell haben schon Feuer gefangen:„Ich bin von dem Workshop begeistert, weil die Schüler so begeistert waren. Den ganzen Vormittag waren sie hochkonzentriert, was selten vorkommt, und sie haben vieles ausprobiert“, erzählt Eva-Maria Plattner, Klassleiterin der 5b. „Manche Schüler, die sonst zurückhaltend sind, haben sich als total fingerfertig erwiesen und plötzlich großes Selbstbewusstsein an den Tag gelegt“, berichtet fasziniert ihre Kollegin Sabrina Friedl (5a).